Tag 51 Alcaniz – Deltebre 125 km (1000 Höhenmeter)
- Ralph

- 22. Apr. 2022
- 4 Min. Lesezeit

Wer hat Angst im Dunkeln? Auf die Frage komme ich später zurück. Morgens das Frühstück in der Finca war klasse, hab mich noch mit meinem Gastgeber Giorgio lang unterhalten. Er fährt am Sonntag ein Moutainbikerennen mit 55 km und 1500 Höhenmeter und trainiert dafür. Der Junge sieht auch so aus, sollte mal was essen, aber gut Gewicht sparen. Bin ein bisschen später los und war mir nicht sicher als es neben der Bundesstraße hoch ging durch einen kleinen Tunnel. Der erste von sehr sehr vielen. Hinter dem Tunnel noch gleich Schotterpiste. Okay dachte ich mir, probieren wir es, gestern ging das ja auch. Zuallererst ging es hoch auf 550 Meter über Normalnull (von 300) so über 15 km, sehr angenehm. Ich hatte noch keine Ahnung was da heute auf mich zukam. Irgendwann auf dem Weg nach oben stand ich vor einem vergitterten Tunneleingang mit offener Tür. Das Licht am anderen Ende des Tunnels sah ich, ansonsten kein Licht. Wie weit kann das schon sein wenn ich das Ende sehe? Also Licht am Fahrrad an und los immer schön den Berg hoch. Das Licht am anderen Ende wurde nicht größer oder heller. Das Licht hinter mir immer kleiner, es war richtig düster, nur meine Lampe gab einen kleinen Schein. Der Boden war festgetrampelter Dreck, rechts und links an der Wand kamen hin- und wieder Einbuchtungen durch meine Lampe zum Vorschein. Mir wurde immer mulmiger, ich hasse Dunkelheit. Nachts allein im Wald ist für mich Horror, oder unbeleuchtete Tunnel. Warum? Keine Ahnung? Liegt wohl in meiner Kindheit verborgen. Irgendwann musste ich dann an mein erstes Fahrrad denken: Ein Verkehrssicheres BMX, verkehrssicher (!), in einem 300 Einwohner Dorf, mit 5 Straßen. Ein silbernes Fahrrad mit Licht vorn und Hinten und gelben Sattel und Polster, sowie Schutzblechen und Dynamo. Ich habe es gehasst. Warum Verkehrssicher? Fehlgeleiteter Beschützerinstink? Das Kind aber mit 4 Jahren in den Keller schicken um Getränke (Apfelsaft in Glasflaschen) zu holen, wozu hat man den auch Kinder, sollen sich nützlich machen. Beim Treppe rauffallen habe ich mir die Fresse aufgeschlagen mit 2 zerbrochenen Glasflaschen in der Hand, das hat schlimm geblutet, wirklich übel. Aber mit neun Jahren ein verkehrssicheres Fahrrad. Zum Glück ist nie was passiert als ich damit zum Zigarettenholen geschickt wurde. Was einem so durch den Kopf geht während man in einem dunklen Tunnel entlangfährt. Die Nachbarn haben mich damals noch Wochen danach gefragt was dem kleinen Bub denn passiert ist, mit der dicken Lippe. Gar nicht so unbegründet die Frage, da es ja eigentlich bekannt war (auf dem Dorf bleiben wenig Dinge verborgen) wie gewalttätig mein Elternhaus war, so aus heutiger Sicht. Der Lichtkegel in der Ferne wurde endlich ein bisschen größer, langsam sah ich das Gitter und hoffte, dass die Tür nicht verschlossen ist. Das konnte ich nicht erkennen, wäre ja scheiße, wenn ich in der Dunkelheit wieder zurück müsste, dann wären bestimmt die ganzen Guhle, Zombies und restlichen Monster aus den Einbuchtungen wach und würden sich mir in den Weg stellen und mich fressen. Aber, ich hatte Glück, die Gittertür war offen und ich schnell draußen. 2.5 km lang war die Passage und kaum draußen landete ich im Matsch, nein besser Lehmgrube und die Klumpen klebten an mir und dem Fahrrad, toll. Den gröbsten Schutz entfernte ich und fuhr dann notgedrungen mit 2 kg Dreck an Bord weiter. Die Strecke ging mal hoch mal runter, die meiste Zeit gerade aus. Hin und wieder mal ein Tunnel, keine so langen mehr, die meisten hatten dann ein kleines Licht. Irgendwann habe ich mir mal die Schilder am Rand genauer betrachtet Via Verde (Bahntrassenradwege). Zu beginn war auf Wegen unterwegs die es noch nicht in die offiziellen Katalog geschafft haben aber dann auf 2en (V.V de la Terra Alta und V. V del Baix Ebre) und das Beste? Ich war in der richtigen Richtung unterwegs, bergab. Herrlich 600 Höhenmeter auf 50 km, vorbei an Schluchten, Wasserfällen, Gebirgen und durch Tunnel und über Brücken. Ich hatte Spaß. (Am besten die Videos anschauen die ich bald hochlade). Meine Füße hatten dieses mal auch nicht gekrampft, dafür sind die Taschentucheinlagen an den Zehen sehr unbequem und drücken. Muss ich wohl noch nachjustieren. Dann ging alles schnell, irgendwann war ich am Ebro und da entlang die Radwege bis ins Delta. Einmal folgte ich (der App) noch einem Weg entlang des Kanals bei dem die Durchfahrt offiziell verboten war. Zum Glück hatte ich das Fahrrad noch nicht geputzt. Wieder Schlammlöcher und am Ende war der weg durch ein Gitter versperrt. Glücklicherweise konnte ich absatteln und durch die Natur drumherum tragen. Kurz darauf hab ich an einem Autohaus mit Waschstation halt gemacht. Die machten gerade Feierabend und saßen zusammen als ich sie störte. Sie sahen meinen Bock und spendierten mir tatsächlicherweise eine Runde mit dem Dampfstrahler. Die staunten nicht schlecht, was da alles für Dreck runterkam. Ohne Hochdruck hätte ich den Matsch nicht runterbekommen, da musste ich richtig draufhalten. Danach lief das Rad wieder ganz gut. Machte auch keine Geräusche mehr, morgen geht es weiter. In diesem Sinne, bin ganz schön müde und sage nun gute Nacht. Und Putin, hör doch endlich auf.




the morgning




extra weight


not even this was disturbing

old stations


the beginning of V.V. de la Terra Alta

better tunnels





banana break





ebro delta


before

after




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