Roadtrips
- Ralph

- 14. Sept.
- 6 Min. Lesezeit

Des ganze schaffa bringt ja nichts wenn man sich hin und wieder nichts gönnt, deswegen habe ich in den letzten Wochen den Großraum Brisbane erkundet. Mal mit dem Zug, mal mit dem Fahrrad. Gold Coast kannte ich schon, war im Mai dort auf Konferenz und bin noch einmal hin. Freitag mit dem Zug los, zweimal umsteigen, mit einmal im falschen Zug, ca 2 h später angekommen. Ins Hotel, Zimmer im 34 Stock mit Blick aufs Meer. Was soll ich sagen, Zimmer? Dass Apartment war größer als meine Wohnung. Abends noch kurz raus, richtig gut indisch essen und dann früh ins Bett um nur morgens mit den ersten Sonnenstrahlen geweckt zu werden. Herrlich! Den ganzen Tag rumgebummelt, Strandspaziergänge und so. Gold Coast gefällt mir, ein bisschen viel los für meinen Geschmack, aber so ist das halt. Keine Ahnung wie ich meine Zeit dort verbracht hat, aber es war entspannend, Sonntag dasselbe. Abends ins Casino, und ein bisschen Automaten gespielt. Pokie heißt das hier und ist ein Problem in Australien, sehr viele Rentner saßen rum. Kein Plan wie das ging, aber plötzlich leuchtete mein Automat auf. Die Granny neben mir schaute mich an und sagte „I’ve been playing for 25 years and never had a major win”. Tja Anfängerglück. Sagen wir mal so, dass Wochenende war gratis für mich, inclusive essen. Montagmorgen mit dem Zug zurück, gestartet um 5 Uhr morgens, um 6:30 Uhr war ich pünktlich auf der Arbeit. In meiner Hose eine Rolle Geldscheine, die ich die ganze Woche mit mir rumtrug. Erst am Donnerstagabend brachte ich den auf die Bank. Beziehungsweise zum Automaten und wollte es einzahlen, dumm nur, dass das Geld die ganze Woche gerollt in meiner Hose war, der Automat nahm das Geld, spukte es wieder aus und ich steckte es wieder rein. Sagen wir so, nach 5 Minuten ging die Automatenklappe ohne mein Geld auf und blieb geöffnet. Erst nachdem ich den Vorgang abgebrochen hatte, kam meine Karte raus und die Klappe schloss sich, ohne Geld auf mein Konto einzuzahlen. Leicht verwirrt hob ich 100 Dollar ab und zahlte es wieder ein, funktionierte tadellos. Langsam bekam ich ein komisches Gefühl und begann verschiedene Nummern meiner Bank anzurufen. Leider endete ich immer wieder an einer automatischen Weiterleitung ohne jemanden zu erreichen. Irgendwann, nach dem 10ten Telefonat, hatte ich dann endlich die richtige Nummer mit der richtigen Zahlenkombination an der automatischen Anrufweiterleitung und jemand am Apparat. „ No worries Mate“, geh morgen einfach zur Bank und sag was passiert ist, das Geld ist ja im Automaten und wir haben alles auf Video. Gesagt getan, wieviel Geld wollte ich einzahlen, welche Scheine, am Abend hatte ich das Geld, wirklich kein unbedeutender Betrag, auf dem Konto. Easy, so läuft das hier halt, ich gewöhne mich dran. Auch, dass man seine Steuer innerhalb einer Stunde am Computer machen kann, easy, okay kein Datenschutz, aber so einfach kann das sein.
Am nächsten Tag (Samstag) machte ich mich mit dem Fahrrad auf den Weg in Richtung Norden. Noosa Head war mein Ziel, ca 170 km. Unter normalen Umständen kein Problem, aber ich bin nicht fit. Anfangs ganz nett durch Brisbane, dann über eine Brücke nach Redcliff, echt schön, leider natürlich die ganze Zeit Gegenwind und wir sind in der Saison im Jahr in der die Magpies einen jagen. Das sind Vögel mit Revierverhalten, die gerne Radfahrer jagen. Und ja die Gerüchte sind wahr, sie sind spezialisiert auf Attacken in die Augen. Der erste touchte nur 2x mein Helm dann lies er ab, der zweite attackierte meine Augen. Nachdem ich meine nach ihm geworfen hatte, ließ er dann auch von mir ab, hab ihm wohl Respekt eingeflößt, er mir aber auch. Und dann war da noch der Streckenabschnitt durch den Busch. 10 taffe Kilometer, direkt nach den Glashousemoutains. Die Berge, vulkanischen Ursprungs, muss ich mir mal näher anschauen, irgendwann. Davor hab ich noch ein wirklich süßes Kaffee entdeckt, mit Blick auf die Berge. Nach den 10 km über Stock und Stein, und Pfützen die wirklich tief waren, mit Schlamm gefüllt, in denen man stecken blieb und bis zur Hüfte im Wasser stand, hatte ich natürlich auch noch einen Platten und kam gerade bis Sunshine Coast, die Sonne geht ja früh unter hier und ich flickte mein Rad am Strand, bei Sonnenuntergang. Das mit den Platten zieht sich gerade durch, da muss ich mal was dagegen machen, aber Schlauchmilch und Schläuche mit herausnehmbaren Ventilen lässt sich hier nicht finden. Bin ja bald in Deutschland zum schoppen. Also schlief ich in einem Hotelkomplex nahe Sunshine Coast mit italienischen Restaurant. Naja sagen wir Italienartig (wie hier überall, das ist nur italien-artig, dafür sind die Asiaten ziemlich lecker, also das asiatische Essen, bitte keine Missverständnisse) aber ich war hungrig und das Zimmer hatte ein Whirlepool. Entspannt fuhr ich am nächsten morgen weiter, die letzten 30 km zu meinem Ziel, mit Rückenwind und es sind wunderschöne Kilometer, mit Rückenwind. Noosa Heads ist auch ganz nett, hatte bloß keine Zeit, musste ja wieder nach Hause. Der Rückweg gestaltete sich, nun ja zäh. Knappe 120 km Gegenwind und die waren nicht ohne. Der Weg bis zu den Glashousemountains war gut asphaltiert, ausgebaute Radspur, nur der ständige Gegenwind war nervig. Die 10 km durch den Busch, wenigstens kein Gegenwind und dann war ich in dem netten Café, gerade rechtzeitig noch bevor es schloss. Und dann wollte ich weiter und siehe da, wieder einen Platten, wieder hinten. Boah. Also gewechselt und weiter in den Gegenwind, dieses Mal nur bis zu einer Zugstation, die endlich kam und rein und gut. Netter Ausflug, muss ich mal wieder machen. Leider sind diese Zugstationen nur nahe Brisbane und nicht weiter im Umland verteilt, das würde es einfacher machen. Das bekam ich auch bei meinem letzten Ausflug zu spüren, dazu gleich mehr. Das Wochenende dazwischen kam endlich meine Couch, endlich ein Möbelstück. 6 Monate ohne Couch, furchtbar, man weiß erst was man hat, wenn man keine hat. Gleich noch einen Fernseher dazu gekauft und endlich fühle ich mich wieder wohl zuhause. Das hat gefehlt. Kein Vergleich zu meiner Coach die ich in Deutschland gelassen habe, Modell Moritz, die vermisse ich wirklich sehr, aber so ist es halt, ich musste ja auswandern. Doch dazu irgendwann mal mehr, wenn ich ein bisschen ehrlicher sein kann, zu mir und zu den Umständen, momentan geht es noch nicht, dazu bin ich noch zu verletzt. Egal, irgendwann habe ich auch das vergessen und schaue positiv auf die Zeit in Essen zurück, irgendwann. Vielleicht, vielleicht auch nie.
Dieses Wochenende, oder sagen wir nur diesen Samstag, wollte ich mir mal den Westen anschauen, und die Hügel um Brisbane herum. Auf der Karte war ich immer ein bisschen enttäuscht, das sah nie beeindruckend aus, ohne Erwartungen bin ich los. Was soll ich sagen, schon der Weg dorthin war anstrengend und ich bin einfach nicht fit. Und dann ging es bergan, schön kurvig und steil. 2 km über 16 % in schönen Serpentinen und ich bin einfach nicht fit, im Regen. Oh-mein-Gott warum jetzt erst, war das geil, Qual pur, der Schweiß floss, ich konnte nicht mehr, zittern, schwäche, Qual, einfach geil. Und ich bin einfach nicht fit. Oben angekommen, schön kühl, Regenwald und dann auf der anderen Seite runter, geile Abfahrt, steil, kurvenreich, muss ich mal mit Kamera machen, extrem geil, war schnell. Und plötzlich unten am Lake Wivenhoe, eine ganz andere Natur, sehr steppenartig und überall roch es verbrannt. Irgendwann sah ich auch warum, da brannte eine Wiese und keiner störte sich daran. Ich hatte schon lang kein Wasser mehr und blickte auf die Karte, das sah nah aus, die nächste Ortschaft, geadeaus ein bisschen. Ca 1 Stunde später und knappe 25 km weiter war ich auch in der ersten Ortschaft seit ich oben am Mt. Glorious vorbeikam. Rein in die Tankstelle, Wasser und Milch kaufen und mich erst einmal setzten und abkühlen. Ich checkte meine Karte und sah, dass ich es bis Sonnenuntergang wohl nicht mehr nach Hause schaffen würde, aber bis Ipswich, ca 30 km weiter, da gab es dann auch wieder einen Zug zu mir. Ich checkte meine Karte genauer, während der ein oder andere Australier in die Tanke ging und meine Ausrüstung abcheckte. Da sah ich es auf der Karte und verstand warum ich auf der Straße angehupt wurde. Es gibt einen Trail, der entlang der Straße verlief und den ich nehmen konnte, eine alte Bahntrasse, Brisbane Valley Rail Trail, Schotter und 170 km lang. Oh mein Gott, den muss ich mir mal näher anschauen. Irgendwann. Ich bin dann endlich weiter nach Ipswich um nur kurz vor der Ortschaft, ca 4 km davor, was hatte? Richtig, einen Platten. Also wechselte ich noch ich dunkeln meinen Reifen und war dann auch irgendwann am Bahnhof. Ipswich sieht nett aus, muss ich mir mal bei Tageslicht anschauen. Gibt hier also noch viel zu entdecken für mich, die nächsten Jahre, bevor ich weiterziehe in der Welt, bis dahin (oder dazwischen).




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