Straddie (North Stradbroke Island; ca 250 km das ganze Wochenende)
- Ralph
- 21. Apr.
- 6 Min. Lesezeit

Urlaub im Urlaub. Ich stehe morgens auf, fahre 14 km mit dem Fahrrad zur Arbeit, arbeite 10 h, fahre dann wieder heim und es fühlt sich immer noch nicht wie Arbeit an. Erstaunlich! Liegt wohl daran, dass ich zum einen hier überall Palmen wachsen, zum anderen eine andere Sprache spreche als meine persönliche Amtssprache, zusätzlich mache ich etwas wofür ich brenne. Krebstherapie, bzw die Entwicklung von Radiopharmazeutika für die Krebstherapie. Und das nicht mehr im Niveau der Grundlagenforschung, sondern ganz konkret in einer Firma, die eindeutig darauf abzielt das ganze Weltweit auf den Markt zu bringen, bzw gerade dabei ist. Und ich bin mittendrin, in einer kleinen (gerade stark waschsenden) Firma. Das Gehalt ist phänomenal, das Risiko zu scheitern maximal gering, und selbst wenn, was soll mir schon passieren? Andere klopfen schon an meiner Tür. Also mache ich etwas wofür ich brenne, wenn wir erfolgreich sind muss ich mir um nichts mehr viel Gedanken machen, Karmakonto bei über 90%. Und was macht der kleine „Rough“ (ja, so heiße ich hier), ich betone ja immer dass es „Rude“ ausgesprochen wird, wenn er Freizeit hat? Er hat sich mittlerweile endlich ein richtiges Fahrrad zugelegt, nachdem sein altes immer noch am Flughafen in Sydney hängt und hat sich über das lange Osternwochenende (ja auch hier hat es Osterfeiertage) ein kleines Hotel auf North Stradbroke Island gebucht. Glücklicherweise muss ich niemand fragen oder mich mit jemand abstimmen, oder meine Kinder irgendwo unterbringen, ich kann einfach so los und muss mir um nichts Sorgen machen. Herrlich diese Einsamkeit.
Auf Arbeit haben sie alle noch gesagt, dass die Läden am Good-Friday zu sein könnten und ich doch aufpassen sollte, sonst würde ich ohne essen dastehen. Sagen die mir? Dabei sind sie vermutlich alle schon mal Sonntags in Deutschland einkaufen gewesen? Oder nach 18 Uhr abends in Brisbane (Insider). Also habe ich mich noch am Donnerstag eingedeckt, kurz nachdem ich mein neues Feuerwehrrotes Fahrrad abgeholt hatte. Abends noch gepackt und am Freitagmorgen Richtung Osten los. Erst einmal nach St Lucia (dem Universitätsviertel) und über den Brisbaneriver dann über Dutten Park, Woolloongabba und Coorparoo weiter. In diesen Suburbs südlich von Brisbane City geht es ganz schön hoch und runter, ich nenne es ja mein kleines San Franzisco und ich liebe es. Der Saft läuft schnell in strömen das Gesicht runter, der Ausblick auf die Hochhäuser ist toll. Die Radwege sind vorhanden, wenn es auch ganz schön zick zack geht, irgendwann kommt man dann auf die Old Cleveland Road, eine mehrspurige Straße, mit einem Fahrradstreifen und ein paar Kilometer weiter darf man noch durch ein Sumpfgebiet (mit gutem Weg) radeln, tolle Natur und steht 40 km später, also gute 2 Stunden später am Fähranleger. Man kennt mich schon, ein breites Grinsen von der jungen blonden Dame als ich mein Fahrrad auf die Fähre schob, verriet es schon. Zugegeben ich bin hier noch nicht zu mehr gekommen als Straddie, aber Straddie ist auch wunderschön, nicht nur die junge Dame auf der Fähre. 30 Minuten später verließ ich das Schiff in Dunwich wieder und machte mich die 20 km auf Richtung Point Lookout. Die Straßen schön breit, die Autos hier aber auch, überall wird Mindestabstand von 1.5 m gemahnt, keiner hält sich dran, ist mir auch wuppe. Einzig wenn mir im Gegenverkehr ein Auto beim überholen zu nahe kommt, das ist schon immer wieder bedenklich. Scheint auf Inseln so Usus zu sein, ist mir auch auf Sardinien so ergangen, sonst nirgendwo. Thema Italien, es erinnerte mich wirklich viel daran, die Hitze (Sport bei Hitze, wie ich es vermisst habe), die Straßenverhältnisse, der Verkehr, einzig, dass hin und wieder ein Känguru aufrecht am Straßenrand steht und dich anschaut, während seine Eier auf dem Boden baumeln, das stört dann doch dieses Italienfeeling, ist aber auch okay so, sonst bekomme ich noch Heimweh. Eine Stunde, inclusive Einkaufen (natürlich haben die Läden offen, Aussies sind Panikuschies), später stand ich am Wohnkomplex. 5 Minuten später in meinem Apartment, manchmal habe ich den Eindruck, dass australisch darin besteht möglichst undeutlich und laut irgendwas zu sagen, funktioniert ganz gut und nach weiteren 10 Minuten war ich am Strand und legte mich erstmal hin und schlief eine Runde während die Wellen und der Wind und die Sonne so ihrem Tagesgeschäft nachgingen. So kurz vor Sonnenuntergang bin ich dann auch wieder zu mir gekommen und habe ein paar wirklich spektakuläre Bilder schießen dürfen, diese Farben. So schön. Die Sonne geht hier früh unter, so ca. 17:30 Uhr, also war ich um kurz nach sechs in meinem Appartement und machte die Glotze an und was lief? Einer meiner Lieblingsfilme, Forest Gump, und ich weiß nicht, aber irgendwie schlief ich wieder ein und wachte erst wieder am nächsten Morgen auf.
Frisch erholt überlegte ich kurz ob ich den Sonnenaufgang am Strand mitnehmen sollte, entschied mich aber dagegen und hörte lieber Radio (SWR 1 Hitparädle) und machte mich dann irgendwann daran aufzustehen. Um 9 Uhr saß ich auf dem Fahrrad und auf dem Weg nach Amity. Das heißt die Hügelchen hoch und dann rechts runter in das kleine Dörfchen, nichts spektakuläres dort, saß ein bisschen im Hafen rum und beobachtete Leute die von Ihrer Yacht mit dem Motorboot einkaufen gingen. Kann man machen, ganz chillig, dachte ich mir so. Irgendwann wurde es mir zu langweilig und ich erkundete ein paar der wenigen Wege und fand mein Ziel, einen Beach, Flinders Beach. Mit meinem Fahrrad ist der Sand zu tief, somit blieb mir nur der Fußweg und als ich mein fahrrad anschießen wollte bemerkte ich, dass ich mein Schloss welches mir 8 Jahre gute Dienste geleistet hat wohl verloren hatte. Ich habe es am Rahmen befestigen lassen, wohl waren die Unterlegscheiben zu klein und das Schloss fiel irgendwann unbeobachtet ab. Australien bedeutet immer alles zu kontrollieren, die sind hier nicht so gut, was Qualität anbelangt. Wenn du Deutsche Qualität gewohnt bist, bist du immer wieder überrascht, wie wenig gut hier manches ist. Über Nacht hatte ich das Fahrrad auf dem Zimmer, deswegen konnte ich nicht genau sagen wann es passierte. Nicht so schlimm, konnte somit nur nicht an den Strand also blieb mir nichts anderes übrig als zurückzufahren. Ich hatte auf der Karte einen Weg ausgemacht den ich probieren wollte, er war zwar nicht geteert, aber nicht zu sandig, somit musste ich nicht über die Hügelchen mit der Autostraße zurück sondern konnte vor der Hügelkette ganz gemütlich Richtung Point Lookout zurück. Das war herrlich, so schön allein Fahrradfahren im Dschungel (auf einem guten Weg, erinnerte mich an Strecken in Serbien entlang der Donau, nur ohne Wildschweine, dafür mit anderen Tieren). Zurück im Appartement stellte ich mein Fahrrad ab und schnappte mir meine Kamera. Ich hatte Zeit und lief durch Point Lookout und an den Strand, Frenchmans Beach, der plan war über die Felsen zum Deadmans beach und dann weiter zum Cyclinder Beach, was auch gelang. Herrlich über diese Felsen zu klettern während die Brandung auf dieselben trifft. Zum Sonnenuntergang war ich in Position, wieder ein herrliches Naturschauspiel. Und wieder war ich früh im Bett nur um bei Friends und Big bang Theory vor der Glotze einzuschlafen. Dabei bemerkte ich, dass ich diese im fernsehen gesprochene englisch ausgezeichnet verstand nur mit dem Australisch tue ich mich schwer, immer wieder.
Der nächste morgen, früh raus du wieder aufs Fahrrad, ich wollte die Ostküste erkunden, dazu fuhr ich erst einmal in Point Lookout herum, auf der Suche nach einem ähnlichem Weg wie gestern von Amity, leider wurde ich nicht fündig, die Wege die es gab sind allesamt zu sandig für das Fahrrad. Zumindest für meins, hätte ich ein Fat-bike, also so eines mit ganz breiten Reifen, ja genau die Dinger auf denen diese älteren untersetzten Typen mit Goldkette durch deutsche Innenstädte „radeln“, dann wäre das wohl kein großes Problem. So machte ich mich auf den Weg nach Dunwich um von der einzigen Straße immer wieder nach rechts schauend ob es ein Weg nach Osten gibt. Hin- und wieder ein Weg zweigt etwas ab, aber immer wieder endet der Weg an einem Zaun, mit Schild und Mienenwarnung. Die nicht geteertebn Wege sind wieder nichts für mich, so blieb mir nichts anderes übrig als die 20 km nach Dunwich zu fahren und dort die einzig getreerte nicht gesperrte Straße nach Osten zu nehmen. Und die hatte es in sich, rauf und runter, ca 15 km bis zur anderen Seite. Ich war in meinem Element, nur um nach einer wirklich wilden abfahrt wieder direkt am Sandstrand zu stehen. Es hat einen Grund warum hier alle Allrad fahren. Die dürfen hier tatsächlich mit dem Auto auf den Strand fahren und dort campen, zugegebenermaßen es ist nicht billig, dafür haben sie die kilometerweite Auswahl. Jeder dieser Strände, ein Kilometerlanger Campingplatz. Und ich? Hatte auf der Karte ein paar Ziele ausgemacht, die allesamt nicht erreichbar sind, das weiß man manchmal erst wenn man vor Ort ist. Also drehte ich wieder um und fuhrt zurück nach Dunwich, besuchte den Braunen See (den Blauen hebe ich mir für irgendwann auf), schön da, wirklich. Und fuhr zurück zum Appartement und an den Strand zum Sonnenuntergang. Dieses Mal hatte ich mir vorgenommen die Surfer zu fotografieren. Was für eine coole Sportart. Sollte ich mal probieren. Somit kann ich behaupten, dass ich alle geteerten (und manche nicht geteerte) Straßen auf der Insel abgefahren bin. Hätte ich ein Schloss dabei gehabt, hätte ich sicherlich noch das eine oder andere mehr entdeckt, aber aufgeschoben ist nicht aufgeboben. Heute ging es dann zurück, nach 4 h incl Fähre war ich zuhause, ich wohne wirklich nahe am Pazifik und in diesem Sinne.
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