Neapel 24
- Ralph
- 22. Dez. 2024
- 7 Min. Lesezeit

Noch war es September, meine Diät lief bereits und ich wagte den Sprung nach Italien. Urlaub verballern, hätte ich mir bloß mehr Zeit genommen, so im Nachhinein betrachtet. So schön war es. Also mit dem Flieger nach der Arbeit von Düsseldorf nach Rom, Neapel selber war zu teuer. Valeska hat mich mal wieder zum Flughafen gebracht, die beste Kollegin der Welt. Wird sie immer bleiben. Und kaum hab ich mich einmal ungesehen sahs ich im Flieger. Dieses Mal voll ausgebucht, neben mir ein bisschen untersetzter Mann, ich hätte auf älter als ich getippt, war er aber nicht, deutlich jünger. Toni sein Name und Vollblutitaliener von Beruf, nein eigentlich war er Yachtdesigner oder so, ich hab es nicht verstanden. Wir kamen ins reden. Über die Welt, Deutschland und Italien im speziellen. Wir stellten fest, dass ich mich in Italien wohl besser auskannte als er, er aber in den Städten die heißen Insider hatte. Und mit diesen versorgte er mich für Neapel. Eigentlich ein ganz prächtiger Typ, nur mit Frauen, die Sprüche die er losließ. Zugegebenermaßen hatte die Flugbegleiterin einen wirklich hübschen Hintern, es ihr aber auf diese Art und Weise zu sagen. Ob das je funktioniert hat? Auf dem Flughafen in Rom ist ihm dann noch beinahe eine Kreditkartenwerbefrau ins Gesicht gesprungen. Ich wusste nicht was er zu ihr sagte, aber für mich war es dann Zeit zu gehen. Was willst du da machen? Im eine in die Fresse hauen? Von seinen Geschichten im Flugzeug wusste ich schon, dass das seine Ex-Frauen von Zeit zu Zeit machten. Die Bilder die er mir zeigte, frage ich mich manchmal was solch schöne anmutige Wesen von so einem kleinen Hängebauchschwein wollen? Puh, schwierig. Ich mochte ihn zu beginn, aber das wandelte sich rasch. Schade. Okay dann im Flughafen in Rom auf mich alleine gestellt musste ich mich erstmal orientieren. Aus der Vergangenheit wusste ich Leonardo-Express nach Roma Termini und dann weiter nach Neapel. In der Theorie fein, in der Praxis musst du erst einmal den Bahnhof finden. Irgendwann saß ich in einem pickepacke vollen Zug nach Rom und dann auch nach einem Tomaten-Mozzarella Sandwich im Zug nach Neapel. Abends um 23 Uhr kam ich an, hab mir auch dem Weg noch ein Hotel in Bahnhofnähe gesucht nur um dann in einer abgefuckten Straße zu stehen und den Eingang zu selbigen zu suchen. Das beleuchtete Schild deutete auf einen mit einem Stahlgitter verschlossenen Innenhof. Mh suche? Irgendwann viel mir die Klingel auf und betätigte diese, mir wurde Einlass gewährt. Das Hotel befand sich im zweiten Stock des Gebäudes. Wieder eine verschlossene Tür, in die ich erst eintritt bekam nachdem der Gast vor mir in sein Zimmer gebracht wurde. Ein Stockwerk unter mir befand sich ein anderes Hotel, ich hatte aber den Eindruck, dass es eher von der 1 Stunden bzw 5 Minuten Sorte war. Nicht mein Ding. Nachdem ich eingelassen worden, stellte ich erstmal erschrocken fest, dass der Hotelier kein Englisch sprach. Also Hand/Fuß/Googletranslat und das Abenteuer begann. Zuerst fand Guiseppe (er stellte sich mir später vor) meine Reservierung natürlich nicht. Er hatte mich unter meinem Vornamen abgespeichert. Dann schlug er mir vor, dass ich ja meine Reservierung über meine App annullieren kann und wir anders ins Geschäft kommen könnten. Hinter mir an der Tür klopfte es, die nächsten Gäste. Er ließ sich dadurch nicht aus der Ruhe bringen. Ich lehnte dankend ab, er versuchte es weiter. Ich blieb höfflich aber bestimmt. Neapel halt. Irgendwann gab er auf und gab mir meinen Zimmerschlüssel und brachte mich die neonbuntbeleuchteten Gänge entlang zum Zimmer. Er schloss auf und ich war überrascht, hatte wohl Eindruck gemacht, habe ein wirklich feines Zimmer bekommen. Er fragte noch was ich zu frühstücken möchte und bat mich, nein befahl mir, in diesem Zimmer nicht zu rauchen. Gute Nacht.
Am nächsten Morgen wurde ich durch ein Klopfen geweckt, ich öffnete die Tür, vor mir stand eine ältere Frau mit einem violetten Plastiktablett, ein riesiges. Darauf ein kleines Croissant (in Italien heißt es Brioche) und einem Plastikbecher mit Café, angeblich Cappuccino. Ich ließ es mir schmecken und war dann auch schon nach draußen unterwegs richtigen Kaffee, italienischen Kaffee, den ich auch gleich an der nächsten Ecke fand. Köstlich dieses heiße Gebräu, der eigentliche Grund für diesen Trip. Mein erster Spaziergang führte mich an den Hafen und hoch zum Monte Echia, natürlich verzichtete ich darauf den Aufzug zu nehmen. Von oben hat man einen wunderschönen Blick auf den Hafen und den allgegenwärtigen Vesuv. Oben gab es auch das was ich gesucht hatte, Neapolitanischen Mocca bei einem Straßenhändler, was für ein wunderbares Gesöff, zieht dir zwar die Schuhe aus, ist aber herrlich erfrischend. Leider setzte langsam Regen ein und ich machte mich wieder durch die engen Straßen auf den Weg zur U-Bahn. Neapel ist wirklich besonders, seit tausenden von Jahren bauen sie hier einfach übereinander, nebeneinander und drumherum. Die biegst in eine Straße ab und schon kann sich ein ganz anderes Stadtbild bieten. Ich mag das. Teile davon reichen bis zu den Römern zurück, also Gebäudeteile wie Keller, oder Straßenbögen, aber dazu später mehr. Zwischenzeitlich regnete es so stark, dass ich mich unterstellen musste und mein Magen knurrte nun auch schon heftig. Egal, die Fotos die dabei entstanden sind waren beeindruckend. Leider habe ich das noch nicht ganz so raus mit der Belichtungszeit, Licht und bewegten Objekten, wie Regen. In Realität war es so wunderschön, wie dieser strömende Regen die Häuserschluchten senkrecht hinabfiel. Erst als es weniger stark regnete konnte ich weiter zur U-Bahn, Supermarkt & Hotel.
Ein paar Stunden später war ich wieder unterwegs in die Stadt, wider mit U-Bahn. Die Metro hier ist wirklich etwas Besonderes, man muss wirklich tief absteigen um zu den Gleisen zu kommen. Die Bahnhöfe, jeder für sich ein Schmuckstück und sehr kunstvoll gestaltet. Ich wollte einen Tipp von Chauvi Toni umsetzten und war auf dem weg zu Neapel Underground, ein Katakomben, Höhlensystem tief unter Neapel. Über die Jahre, okay sagen wir Jahrtausende immer wieder mit unterschiedlichen Zwecken belegt. Wahrscheinlich auch einer der Gründe warum die Metro so tief in die Erde gelegt wurde, wenn du das zu Nahe an der Oberfläche baust, kann es sein, dass archäologisch wertvolles entdeckt wird. Das war es dann mit dem Tunnelbau. Irgendwann stand ich vor dem Eingang des Neapels Underground, in der Schlange. Eine für Ticketinhaber, eine für Leute ohne Ticket. Da stand ich nun eine Weile und versuchte online ein Ticket zu ergattern, keine Chance. Irgendwann wurde es mir zu bunt, da ich auch keine Infos bekam wie wann wo, setzte meine Ungeduld ein und ich fasste den Plan es morgen früh nochmal zu probieren. Ich wollte Laufen, und hoch zum Castel Sant’Elmo, der Sonnenuntergang nahte. Somit konnte ich meiner zweitliebsten Ausdauersportart frönen und Treppensteigen. Das sind kurze 200 Höhenmeter bis hoch zur Festung, Treppen. Trotz meines Übergewichtes, natürlich kein Problem. Ober angekommen rein in die Festung und dann warten. Leider bei einem eher kalten Wind, zugig da oben, natürlich war ich wieder viel zu leicht angezogen. Die Bilder jedoch waren es wert. Dann in Dunkelheit wieder den Abstieg über ein nächtlich Beleuchtetes Neapel, mit dem dunklem Vesuv am Horizont. Hinunter ins Quartieri Spagnoli indem ich heute Morgen schon den Regenschauer genießen durfte. Unten war es deutlich wärmen und so setzte ich mich in eines der Restaurants und genoss mein Zweigängemenü aus Pizza Quattro Stagioni und einer Hartweizengriespasta mit leckerer Soße. Kein Plan mehr was es war, der Kellner hatte es mir empfohlen und ich bereute es nicht. Neben dem Essen wird mir am meisten in Erinnerung bleiben wie die Motorräder zwischen Touristen und Kellnern durch die Gassen rasten und man Zentimeter daneben sein Mahl verschlang. Dann ging es für mich langsam zurück ins Hotel, hatte am nächsten morgen wieder was vor.
Am nächsten Morgen, nach dem üppigen hoteleigenen Frühstück, und drei Kaffee außerhalb stand ich wieder vor dem Eingang von Naples Underground. Und dieses Mal ging es wirklich zügig. Unsere Führer, mit exzellentem Englisch, machte die Führung wirklich zu einem Erlebnis und führte uns von den Griechen, die die Katakomben anfänglich bauten und die freigehauenen Steine zum bauen brauchten, über die Römer die sie als Zisternen nutzten, bis zum zweiten Weltkrieg als die Tunnel zu Schutzbunker umfunktionalisiert wurden und der Neuzeit (Kunst & Wissenschaftliche Nutzung). Wirklich beeindruckend und nichts für Menschen mit Klaustrophobie. Aber das war es noch nicht ganz unser Führer brachte uns raus aus den Tunnel und Oberirdisch über die Straßen in ein Gebäude. Dann ging es weiter. Kellerklappe auf und runter in den Keller. Wie sich rausstellte war dies Teil eines ehemaligen Kolosseums in dem schon Nero gern gastierte und die letzten hundert Jahre oder so als Motoradwerkstatt diente, bis man herausfand, dass diese alten Keller zu einem viel größerem Komplex früher gehörten. Die draufstehenden Gebäude wurden über die Jahrhunderte einfach darüber gebaut, vermutlich auch aus Steinen des Kolosseums. Dies öffnet einem die Augen, wenn man weiter durch Neapel läuft und die verschiedenen Ebenen dieser Stadt wahrnimmt. Neu auf alt, alt an alt, neu an alt, neu an neu. Wie ein natürlich gewachsener Organismus, nichts geplant einfach nur gemacht. Fantastisch. Es war gegen Mittag als wir fertig waren, ich wollte dem Führer Trinkgeld geben, er lehnte jedoch ab, es sei im verboten. Schade ich war wirklich beeindruckt. Für mich ging es danach wieder hoch zum Castel Sant’Elmo, einfach nur weil ich Treppensteigen so sehr liebe. Dieses Mal den Weg hoch, den ich gestern in der Dunkelheit hinuntergestiegen bin und auf der anderen Seite runter. Beim runterlaufen sah ich eine frau auf ihrem Balkon sitzen, Wein trinken und sich Sonnen. Ich wollte sie und die Szene fotografieren und wurde von ihr daraufhin fröhlich eingeladen. Ich lehnte natürlich ab, bin doch schüchtern. Und endete wieder im Quartieri Spagnoli, es war auch Essenszeit, also Weltkulturerbe Pizza gegessen und zwischen Fußgängern und hupenden Mopeds überlegt von wo ich heute den Sonnenuntergang fotografieren sollte. Um nach Sorrent zu fahren und die Sonne über Capri im Meer versinken sehen war es wohl zu spät, also entschied ich mich für Portici, welches mit den Öffentlichen gute erreichbar ist. Gesagt getan, und direkt zu der am Fuß des Vesuvs liegenden Vorstadt mit wunderschönen kleinem Hafen gefahren. Natürlich hatte ich ein Déjà-vu, ich bin hier bestimmt schon mit dem Fahrrad durchgekommen, damals im März 2022 in einem anderen Leben, verrückt was in 2 Jahren alles passieren kann. Und die Bilder die hier entstanden waren wirklich superschön, die Sonne wie sie hinter der Isola d`Ischia versinkt und da ich noch eine Stunde auf den Zug warten musste vom fernen nächtlich beleuchteten Neapolitanischen Hafen mit seinen Leuchttürmen. Ich werde heute noch ganz glücklich wenn ich daran zurückdenke. In diesem Sinne.
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