Moin, Moin (Hamburg über Bremen nach Osnabrück ca. 300 km und 2 Tage Gegenwind)
- Ralph
- 9. Juni 2024
- 6 Min. Lesezeit

Hamburg meine Perle, ach ich liebe diese Stadt. Dieses fröhliche Moin, ICH HABE ES VERMISST. Habe hier ja mal ein paar Monate gearbeitet/gelebt. Damals 2005, mitten im Studium, bin ich für ein paar Monate nach Hamburg „gezogen“ um für ein Projekt (MS Wissenschaft (Ausstellungsschiff), Themenjahr Einstein) mitzuarbeiten, Objekt & Kunstgestaltung bei Kuba West. Mein Plan war, dort Geld zu verdienen um mein Studium weiter zu finanzieren und den Abend zu nutzen um zu lernen und hin- und wieder nach Stuttgart zurückzukehren um ein paar Klausuren absolvieren. Am Anfang ging der Plan auf. Dann kam Knut (in die Wohnung die von Kuba-West gestellt wurde). Knut brachte einen Fernseher, Knut bracht Bier, Knut bracht noch mehr aber vor allem brachte Knut sich mit. Knut aus Kiel, Tischler oder Schreiner, überaus netter sympathischer Kerl, plauderte gern und viel, nicht gerade helle, aber das wusste er nicht und ein mächtiges Problem mit sich selber (allein zu sein). Mit mir arbeiten wollte er und Peter (ein anderer freiberuflicher Tischler/Schreiner) anfangs nicht, schließlich war ich handwerklich nicht auf Ihrem Level, aber nachdem die Beiden sich immer häufiger stritten (tja 2 Chefsmännchen halt) wurde ich immer beliebter, schließlich wusste ich, dass ich zwei linke Hände hatte, aber zumindest wollte ich helfen und nicht recht haben. Anyway als Knut dazukam wurden meine Abende plötzlich interessanter. Knut hatte einen silbernen (ich glaube) Toyota, mit dem wir oft durch Hamburg cruisten und dabei Pearl Jam (Alive) hörten, laut bei offenem Fenster. Dann, an einem Freitagabend, sind wir zuerst zur Schanze, dort noch ein paar Bier mehr (nach den obligatorischen Feierabendbieren) und dann nach Pauli. Und da waren wir nun. Knut wollte in einen Stripclub und schon war er drin, ich hinterher. Irgendwie waren plötzlich sehr viele Damen um uns herum, großes Trara. Wer mich kennt, weiß genau was ich gemacht habe, verzweifelt in die Augen geschaut und irgendwie ein Gespräch gesucht. Der Kellner fragte mich ob ich was trinken wollte, ich war fein mit einem weiteren Bier. Nicht so Knut, der mit den Augen im Schritt einer vor ihm auf dem Tisch tanzenden Dame versunken war. Er bejahte den Champagner für alle, der kam auch, noch bevor ich etwas einwenden konnte. Und ganz plötzlich, nachdem alle ein Glas hatten, war das Trara auch vorbei und der Kellner kam mit der Rechnung. 600 €. Sorry Buddy, nicht meine Rechnung. Wirklich nicht. Knut zahlte mit Karte und war am Boden zerstört als wir den Laden verlassen hatten. Er war richtig verzweifelt. Irgendwie fühlten wir beide uns ein bisschen ausgeraubt. Das Schaukelte sich auch noch ein bisschen hoch, sein Problem war, dass seine Freundin definitiv seinen Kontostand sehen würde. Irgendwie Halbbesoffen (oder sogar Vollbesoffen) sind wir auf die Davidswache am Kiez und wollten, ich habe keine Ahnung mehr weswegen, Anzeige erstatten. Die beiden Polizisten freuten sich, entweder Messerstecherei auf dem Transenstrich, oder mit mir die Strippclubs abtingeln. Zum einen wollte Knut nicht mit, zum anderen wussten wir nicht mehr welcher Laden es war. Und so kam es, dass ich mit dem Peterwagen über die Große Freiheit gefahren wurde und mit zwei Polizisten in Stripclubs ging. Der richtige war auch schnell gefunden, ich wurde von den anwesenden Damen sofort freundlichst begrüßt, große Wiedersehensfreude, auch meine Begleidung löste jetzt keinen großen Unmut aus. Es wurde alle routiniert aufgenommen und ich kehrte zu Knut zurück. Am nächsten Montag war Knut weg (angeholt von seiner Freundin), mit ihm das Bier und sein Fernseher und ich konnte wieder in Askese mein Plan verfolgen. Eigentlich Schade, aber sehr erfolgreich für mich. Diese Geschichte kommt mir jedes Mal in Sinn wenn ich in Hamburg bin, ist ja auch ne schöne. Was war das doch damals für eine geile Zeit. Arm unter Druck aber eigentlich wenig Verantwortung außer für mich selber.
Dieses Mal war ich ja aus einem ganz besonderen Grund in Hamburg. Ich wollte mir einen weiteren Jugendtraum erfüllen. Ein Body Count Konzert mit Mastermind Ice mo%&erfu%6er T b%&ch und Legende Ernie C. Damals 1992 und 1994 zwei unglaublich prägende Alben für mich. Gesellschaftskritisch pur und der Sound, bis heute unvergesslich. Da war ich nun auf dem Konzert und in meiner naiven Art bin ich vor an die Bühne, zweiter Reihe, vor mir nur ein paar Mädels und eine Stahlabsperrung. Bei der Vorband war auch noch alles gut, die wurde jedoch schnell von der Bühne genommen. Da war jemand heiß auf seinen Auftritt und wollte wohl nicht, dass sich das Publikum zu sehr verausgabt. Es ging schnell weiter mit Body Count und oh mein Gott, was da über mich hereinbrach war gewaltig. Hinter mir der absolut feiernde Mob, der zu Ice-Ts Rap-lyrics und den dröhnenden Heavy Metal, absolut abging. 2 Stunden power. Die Leute die am Anfang noch neben mir standen waren schnell weg, ein paar der Mädels vor mir ließen sich von den Ordnern rausziehen. Es war die absolute Hölle und es war extrem geil. Ich hatte den Luxus des „stiff arms“ zur Stahlabsperrung und konnte mich festhalten während die Maße um mich herum ausflippte. Die zwei Mädels vor mir konnte ich vor dem meisten abschirmen und ich selber bin ja gut durchtrainiert. Das war aber schon ein derbes Workout, ich war durchgeschwitzt aber total glücklich. Am Ende, als Zugabe, kamen dann noch meine beiden Lieblingslieder (wie bestellt), Born Dead & This is why we ride sowie, das auf dem neuen Album zu findende Cover von Pink Floyds Comfortably Numb. Was für eine Version, was für ein Musiker, was für ein Ausnahmetalent mit seinen 66 Jahren. Okay manch seiner Ansichten (Feminismus & toxische Maskulinität), ach lassen wir das. Das war eines der besten Konzerte die ich je besuchte. Also nassgeschwitzt und heißer zurück ins Hotel um nach ein paar Stunden raus und los, mit dem Fahrrad. Erstmal durch Hamburg, Speicherstadt, Philharmonie, Landungsbrücken, Pauli, Blankenese und weiter die Elbe entlang nach Schleswig Holstein. Dort war ich so gegen zehn Uhr auf einem Wochenmarkt Cafetrinken und Einkaufen. Ich war zu faul fürs Internet und wollte wissen wir ich über die Elbe kommen könnte und schon bildete sich eine Traube Menschen um mich. Das ist es so was ich am Norden liebe. Alle freundlich, schnacken gern und fragen dich nicht aus. Also die Fähre im Ort sein wohl kaputt, sagten manche, andere sagten sie wissen es nicht, aber ich könnte zurück nach Blankenese dort würde es sicher eine Fähre geben oder gar noch weiter Richtung Hamburg und der Weg der sein der schönste, an der Elbe entlang (dass ich von dort kam, daran störte sich keiner). Ich fragte wie es Richtung Nordsee aussah (Glückstadt). Ja da gäbe es eine Autofähre, aber das sein ja sehr weit (35 km) und bei Niedrigwasser würde die ja nicht fahren, aber Niedrigwasser ist ja nicht. Jedoch sind auf dem Weg Sperrwerke und wenn ich dort zur falschen Uhrzeit ankäme müsste ich entweder warten oder einen weiten Umweg fahren. Also ich solle doch eher zurück. Irgendwann hatte ich genug Informationen gesammelt und bin dann los. Ich glaube die haben gar nicht bemerkt, dass ich ging. Egal also wieder runter zur Elbe und der örtliche Fähranleger lag auf dem Weg (an einem Schild stand auch geschlossen) ich traf jedoch auf einen Rennradfahrer, von der Sorte mit dickem ach sind wir ehrlich fettem Bauch. Der sagte die Fähre würde fahren, in knapp 90 Minuten, sagte er und verschwand mit einem freundlichem Grinsen. Wer es glaubt. Also bin ich los Richtung Glückstadt, das mit den Sperrwerken (bitte googeln) hatte ich nicht ganz verstanden, jedoch hatte ich keine Probleme, am Wochenende sind die alle geschlossen (zumindest die meiste Zeit) und man kann sie passieren. Somit fuhr ich am Elberadweg die 35 km nach Glückstadt. Eigentlich war es eine einzige Schaafsweide, sehr idyllisch. Irgendwann war ich am Fähranleger und hatte Glück, die Fähre legte gerade an. Um 2 Uhr war ich auf der anderen Elbeseite hatte aber ein Problem, ich wollte noch nach Bremen, ganze 100 km, mit starkem Gegenwind und am 16 Uhr auch einsetzendem Regen. Aber Niedersachsen hat beinahe durchgängig einen Fernradweg, der auch beinahe Schlaglochfrei ist, ein eines pro 10 Meter, ist im vergleich zu NRW also nichts. Gut voran kam ich aufgrund des Gegenwindes eher nicht, zusätzlich verlief die meiste Zeit der Radweg auf der linken Seite der Straße, was mich bei jeder Ausfahrt&Kreuzung abbremsen lässt (leider schon zu viele Unfälle erlebt mit unaufmerksamen Autofahrern die nicht mehr nach rechts blicken bevor sie losfahren). Abends, nach 170 km, war ich irgendwann in Bremen, ziemlich entkräftet, schnell noch in Supermarkt und gute Nacht. Bremen ich mag diese Stadt auch, sehr familiär und freundlich und Heimat meines Lieblingsvereines. Auch hier habe ich schon ein paar tage arbeitend verbracht, auch 2005, dann auch wirklich auf der MS Wissenschaft, die Ausstellung aufbauend. Das war in dem Jahr, als Albrecht (der Käpten9 sich „verfahren“ hatte, bzw über den Winter sein Kutter (wie Knut ihn nannte) um 10 Meter verlängerte und dann vergessen hatte nicht mehr durch alle Schleusen zu passen. Und so fuhr ich mit 3 weiteren Handwerkern im Bauch eines Binnenschiffes einen Umweg über Holland und verlegten Teppich im Schiffsbau im Ijsselmeer. Unvergessen wie das Metall der Schiffswand im Wellengang gearbeitet hat. UNVERGESSEN. Auf jeden Fall war der Rest des Aufbaus der MS Einstein dann in Bremen.
Heute wollte ich dann die 180 km nach Münster machen, musste aber dann gegen Mittag einsehen, dass es wohl sinniger ist den Zug in Osnabrück zu nehmen. Ich muss morgen arbeiten und hab keine Urlaub bzw bin auf längerer Tour, also noch 130 km Gegenwind war dann Schluss. Niedersachsen ist ganz nett, muss ich mir mal genauer anschauen, die Dammer Schweiz und so und Oldenburg sah auch ganz nett aus. In diesem Sinne, gute Nacht.





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